Wir lesen vor
Lukas braucht eine neue Arbeit.
Er muss schon wieder zu Herrn
Mai ins Büro.
„Mein Name ist Mai. Nicht April und nicht
Juni.“
Herr Mai findet das lustig und lacht. Jedes Mal.
Lukas
hat es schon so oft gehört.
Er lacht nicht mehr darüber.
Dann
schaut Herr Mai ernst und sagt:
„Was mache ich nur mit
Dir?“
Lukas will mit Tieren arbeiten.
Das sagt er laut
und deutlich.
Nicht in der Gärtnerei.
Nicht in der
Imbiss-Bude.
Und schon gar nicht in der Wäscherei.
Wo Herr
Mai ihn früher hin-geschickt hat.
Lukas will mit Tieren
arbeiten.
Herr Mai schüttelt mit dem Kopf.
„So eine
Arbeit habe ich nicht“, sagt Herr Mai.
Dann findet er doch
etwas:
Eine Arbeit auf einem Land-Gut.
„Das liegt im
Um-Land, aber nicht weit weg“, sagt Herr Mai.
Gleich nach
Ostern kann Lukas dort anfangen.
Er wird mit dem Bus hin- und
zurück-fahren.
Nicht allein. Es sind noch andere
dabei.
„Land-Gut. Das ist doch gut“, sagt Herr Mai und
lacht.
Lukas denkt: Nichts ist gut!
Und er denkt: Was ist
ein Land-Gut?
Er will in der Stadt bleiben.
Lukas fragt:
„Gibt es dort Tiere?“
„Jede Menge“, antwortet Herr
Mai.
Das gefällt Lukas. Sehr sogar.
Und er denkt dabei an
viele kleine Hunde.
An süße Katzen.
Und an Hasen, die
herum hoppeln.
Und Lukas sagt: „Ja, ich will dort
arbeiten!“
Lukas erzählt das seiner Familie.
Und zeigt
das Papier, auf dem alles steht.
Wo das Land-Gut liegt.
Wie
man dort-hin kommt.
Und was es dort alles gibt.
„Das ist
aber weit“, sagt seine Mutter.
„Das ist nicht weit“, sagt
sein Vater.
„Haupt-sache, Du bist nicht ständig zu Hause“,
sagt sein Bruder.
Um 7 Uhr fährt der Klein-Bus.
4 Männer und 2 Frauen fahren
mit.
Ein Begleiter ist auch dabei.
Kurz vor 8 Uhr sind sie
auf dem Land-Gut.
Das ist ja ein sehr großer Bauernhof, denkt
Lukas.
Zuerst müssen sich alle umziehen.
Sie gehen in ein
Haus hinein.
Dann kommen sie zurück auf den Hof.
Jeder bekommt eine Aufgabe.
Alles wird ganz genau erklärt.
Lukas
kommt zu Herrn Berg.
„Wir gehen zuerst zu den Kühen“, sagt
Herr Berg.
„Und später zu den Schafen.“
Lukas denkt
sich: Kühe? Schafe? Was soll das?
Sie gehen auf einem
Feld-Weg.
Herr Berg ist nett und zeigt Lukas alles.
Lukas
hört Herrn Berg genau zu.
Auf der einen Seite ist die
Kuh-Weide.
Drum-herum ist ein Zaun.
Auf der anderen Seite
ist ein Raps-Feld.
Die Raps-Pflanzen haben gelbe Blüten.
Sie
duften ganz doll.
Auf der Weide sind viele Kühe.
Kühe und
Schafe sind auch Tiere.
Und Lukas mag Tiere.
An einem
Morgen sieht Lukas zwei Kätzchen.
Die liegen auf dem Hof in der
Sonne.
Das macht ihn richtig glücklich.
Und er geht
fröhlich an die Arbeit.
Die Kühe müssen zum Melk-Stand
gebracht werden.
„Da werden wir 2 Stunden zu tun haben“,
sagt Herr Berg.
Einen ganzen Monat arbeitet Lukas bei den
Kühen.
Dann wechselt er zu den Schafen.
Auch da lernt
Lukas viele neue Dinge.
Er arbeitet fleißig mit.
Vor dem
Sommer werden Schafe geschoren.
Das ist ganz wichtig.
Den
Schafen ist es im Sommer sonst zu heiß.
Schafe-Scheren ist ganz
spannend.
Das macht man mit einem Scher-Apparat.
Man fängt
an den Beinen und am Bauch an.
Und rasiert das ganze Fell in
einem Stück ab.
Dann wird das Fell geschüttelt.
Damit
Blätter und Gras raus fallen.
Und dann wird das Fell
getrocknet.
Lukas kennt sich auf dem Hof ganz gut aus.
Eines Tages geht er
mit Herrn Berg in die Gärtnerei.
Sie holen einen großen Korb
ab.
Im Korb sind viele lange grüne Blätter.
„Bring
bitte den Bärlauch in die Käserei“, sagt Herr Berg.
Lukas
macht das gern.
In der Käserei war er noch nie.
Lukas ist
schnell dort und öffnet die Tür.
Es ist kühl und es riecht…
„H A L T!“, schreit eine Frauen-Stimme.
Lukas bekommt
einen Schreck und bleibt stehen.
„Du kannst nicht einfach
rein-kommen!“, sagt die Frau immer noch laut.
„Geht gar
nicht, ohne Schutz-Anzug“, sagt sie.
Sie trägt auch einen
weißen Schutz-Anzug.
Sie kommt schnell zur Tür.
Und
nimmt Lukas den Korb ab.
Dann lächelt sie und
sagt:
„Danke.“
Lukas hat noch nie so ein schönes
Lächeln gesehen.
Und so schöne blaue Augen.
Und die roten
Haare auf der Stirn.
Die waren nicht unter der weißen
Schutz-Haube versteckt.
„Danke, Du kannst jetzt gehen“,
sagt sie.
Nein, das kann er nicht.
Seine Beine wollen nicht
weg gehen.
Er auch nicht.
Lukas will da bleiben und sie
anschauen.
„Und nächstes Mal dann bitte klingeln“, sagt
sie.
Sie lächelt wieder so süß.
Lukas nickt und lächelt
auch.
Sie sagt: „Tschüß“.
Dann sagt auch er:
„Tschüß“.
Dreht sich um und geht.
Und er denkt: Boa,
das schönste Mädchen von der ganzen Welt!
Lukas weiß: Er muss
das Mädchen wieder sehen!
Langsam geht Lukas zurück zu Herrn
Berg und sagt:
„In der Käserei war ein Mädchen.“
„Das
war Kati“, sagt Herr Berg.
Kati – so ein schöner
Name.
Lukas denkt nur noch an Kati.
Kati. Kati. Kati.
Es ist Feier-Abend. Lukas sitzt im Bus.
Sie warten auf einen
Kollegen.
Sonst nervt ihn das Warten.
Heute aber nicht.
Weil er die Augen schließt und an Kati denkt.
Dann öffnet
Lukas seine Augen und sieht sie.
Kati steht auf dem Hof.
Und
spielt mit den beiden Kätzchen.
Ihr rotes Haar leuchtet in der
Sonne.
Der Kollege ist da.
Er steigt ein und sie fahren
los.
Das Auto fährt langsam an Kati vorbei.
Sie hält ein
Kätzchen im Arm und schaut hoch.
Kati sieht ihn.
Lukas
winkt ihr zu.
Sie lächelt ihn an und winkt zurück.
Lukas
ist glücklich. Kati hat ihn gesehen.
Dann schließt Lukas die
Augen.
Er denkt an Kati.
Wie sie das Kätzchen im Arm
hält.
Wie sie lächelt.
Wie sie ihn anguckt und
winkt.
Die ganze Fahrt über denkt er an Kati.
Lukas will
nicht die Augen öffnen.
„Wir sind da“, sagt der
Fahrer.
Lukas muss aus-steigen.
Lukas kommt nach Hause.
Mama fragt ständig etwas.
„Willst
Du was essen?“
„Hast Du gegessen?“
„Schmeckt es Dir
nicht?“
Oder sie will etwas.
„Iss doch noch ein
bisschen.“
„Gib mir Deine Schmutz-Wäsche.“
„Räum
Dein Zimmer auf.“
Papa kommt vom der Arbeit.
Und alles
geht von vorne los.
„Lukas will nichts essen“, sagt Mama zu
Papa.
„Er wird schon nicht verhungern“, sagt Papa.
Und
die Wäsche. Und das Zimmer.
„Was soll ich bloß machen mit
ihm“, sagt Mama.
„Ach, lass ihn in Ruhe. Vielleicht ist er
verliebt“, sagt Papa.
„Lukas, bist Du verliebt?“, fragt
Mama.
Lukas denkt: Jetzt bloß nichts sagen.
Und er sagt
nichts.
Er kennt seine Mutter.
Sie hört nie auf zu
fragen.
Lukas kann auch schweigen.
Zum Glück ist der
Bruder nicht zu Hause.
Der stellt noch mehr doofe Fragen.
Lukas will in Ruhe an Kati denken.
Der Abend ist lang.
Die
Nacht will nicht enden.
Der Wecker klingelt.
Lukas steht
auf.
Er wäscht sich.
Und zieht sich an.
Noch nie war
Lukas so schnell fertig.
Er geht früh los.
Und muss lange
auf den Bus warten.
Das stört ihn aber nicht.
Er denkt an
Kati.
Die Fahrt ist wie immer.
Sie fahren auf den Hof.
Lukas
guckt in alle Richtungen.
Auch die Kätzchen sind nicht
da.
Lukas geht sich umziehen.
Er ist jetzt schon müde.
Den ganzen Tag ist er still.
Und
langsam.
Herr Berg muss ihm alles 2 Mal sagen.
„Hoffentlich
wirst Du nicht krank“, sagt Herr Berg.
„Ich habe nur
schlecht geschlafen“, sagt Lukas.
„Na dann, iss was
Ordentliches und schlaf Dich aus.
Dann wird das schon wieder“,
sagt Herr Berg.
Jetzt kommt Herr Berg auch noch mit dem Essen,
denkt Lukas.
Lukas schaut sich in der Frühstücks-Pause
um.
Kati sieht er nicht.
In der Mittags-Pause auch
nicht.
Aber ein Kätzchen rennt einmal über den Hof.
Bevor
Lukas ins Auto steigt, guckt er sich genau um.
Kati sieht er an
dem Tag nicht.
Lukas isst alles, was seine Mutter ihm vorsetzt.
Ohne
Wider-Rede. Auch Suppe.
Mama guckt ihn an.
Bevor sie etwas
fragt, sagt Lukas:
„Es schmeckt, Mama! Dein Essen schmeckt am
besten.“
Mama freut sich und stellt keine Fragen.
„Ich
bin müde und gehe schlafen“, sagt Lukas.
„So früh schon?“,
fragt sie.
Lukas nickt und geht in sein Zimmer.
Am nächsten Tag ist Lukas ausgeschlafen.
Es ist schon Mittag.
Kati hat er noch nicht gesehen.
„Herr Berg, haben Sie
heute vielleicht Kati gesehen?“, fragt er.
„Nein, habe ich
nicht. Warum?“, sagt Herr Berg.
„Nur so“, sagt Lukas und
senkt den Kopf.
„Vielleicht hat Kati frei und besucht ihre
Oma“, sagt Herr Berg.
„Wieso hat sie frei“, fragt
Lukas.
„Kati wohnt hier und arbeitet auch am Wochen-Ende,
und
hat dann in der Woche frei“, sagt Herr Berg.
„Kati wohnt
hier? Wo?“, fragt Lukas.
„Im Wohn-Haus drüben. Ich wohne
doch auch hier“, sagt Herr Berg.
„Die Tiere müssen am
Wochen-Ende auch versorgt werden“, sagt Herr Berg.
„Und es
kommen viele Leute in den Hof-Laden“, sagt Herr Berg.
„Unser
Käse ist sehr beliebt.“
„Das ist schön“, sagt Lukas zu
Herrn Berg.
Und: „Ich will auch hier wohnen.“
„Das
ist aber nicht so einfach und geht nicht so schnell“, sagt Herr
Berg.
„Warum nicht?“, fragt Lukas.
„Weil keine
Wohnung frei ist“, sagt Herr Berg.
Lukas guckt
traurig.
„Manchmal zieht auch jemand aus, dann wird was frei“,
sagt Herr Berg.
„Du musst Dich bald anmelden“, sagt er
noch.
Aber zuerst muss es Lukas seiner Familie sagen.
Dann
will Herr Berg alles genau wissen.
Warum. Und warum so
schnell.
Am Ende sagt es Lukas doch: „Wegen Kati!“
„Dachte
ich es mir doch!“, sagt Herr Berg.
Dann stellt er ganz viele
Fragen.
Was sagt Kati dazu?
Weiß Kati, dass Lukas in sie
verliebt ist?
Vielleicht hat sie schon einen Freund.
„Du
musst zuerst mit Kati sprechen“, sagt Herr Berg.
Ja, das will
Lukas auch machen.
Aber vorher muss er nach-denken.
Den ganzen Tag sieht er Kati nicht.
Was hat Herr Berg gesagt?
Lukas muss die Wohnung in Ordnung
halten.
Aufräumen und so.
Das kriegt er hin. Ja, könnte
klappen.
Lukas muss seine Wäsche waschen.
Das wird nicht
leicht.
Aber er muss nicht kochen.
Das klingt gut.
Lukas
hat ein gutes Gefühl.
Drei lange Tage hat Lukas Kati nicht gesehen.
„Herr Berg,
haben Sie Kati gesehen?“, fragt er.
„Nein, ich habe sie auch
nicht gesehen“, sagt Herr Berg.
„Was soll ich nur machen?“,
fragt Lukas.
„Schreib ihr einen Brief oder eine Karte“, sagt
Herr Berg.
Ja, genau.
Lukas will keine Zeit
verlieren.
„Haben Sie Papier und Stift?“, fragt er.
„Im
Hof-Laden kannst Du eine Karte kaufen.
Die Karten sind schön
und nicht so teuer“, sagt Herr Berg.
„Ich habe aber gar kein
Geld dabei“, sagt Lukas.
„Pass mal auf“, sagt Herr
Berg.
Und erklärt ihm alles ganz genau.
Lukas soll in den
Hof-Laden gehen.
Und dort nach Frau Berg fragen.
Frau Berg
wird ihm eine schöne Karte geben.
Bezahlen kann er dann
morgen.
„Ist Frau Berg ihre Schwester?“, fragt Lukas.
„Nein,
Lukas, sie ist meine Frau“, antwortet Herr Berg.
Lukas geht in
den Hof-Laden hin-ein.
Und macht alles, was Herr Berg gesagt
hat.
Es sind so viele Karten da.
Lukas muss sich
entscheiden.
Das ist nicht so leicht.
Lukas nimmt zwei
Karten mit.
Darauf sind Blumen und zwei Herzen.
Eine Karte
gibt er Herrn Berg und sagt:
„Schreiben Sie ihrer Frau auch
eine Karte.“
„Gute Idee, das habe ich lange nicht mehr
gemacht,
vielen Dank“, sagt Herr Berg und lächelt.
„Was
soll ich Kati schreiben?“, fragt Lukas.
„Dir fällt bestimmt
was Schönes ein“, sagt Herr Berg.
„Nimm die Karte mit nach
Hause“.
„Und wenn mir nichts einfällt?“, fragt Lukas
wieder.
„Schreib ihr ein Gedicht. Frauen mögen das“, sagt
Herr Berg.
„Das ist eine gute Idee, Herr Berg“, sagt
Lukas.
„Und ja nicht ab-schreiben. Selber dichten“,
sagt
Herr Berg und lächelt wieder.
Am Nachmittag geht Lukas zum
Bus.
Herr Berg kommt mit und zeigt ihm das Wohnhaus.
Und
den Briefkasten von Kati.
Und Lukas überlegt.
Und er denkt nach.
Und er schreibt
drei Blatt Papier voll.
Vorder-Seite und Rück-Seite.
Dann
hat er das Gedicht!
Lukas schreibt auf die Karte:
Für Kati von Lukas
Ich muss zu Dir gehen,
ich will Dich sehen.
Unter
Bäumen,
mit Dir träumen.
Mit Dir glücklich sein,
und
Dich küssen,
nie weg von Dir müssen.
Die Karte zeigt Lukas keinem.
Auch Herrn Berg nicht.
Er
wirft sie in Katis Briefkasten ein.
Sein Herz klopft wie
verrückt.
Lukas atmet tief ein und aus.
Die Haus-Tür geht
auf.
Kati kommt aus dem Haus.
Sie lächelt ihr süßestes
Lächeln.
„Wen suchst Du?“, fragt sie.
„Dich!“,
sagt Lukas.
Für mehr reicht die Luft nicht.
„Wie heißt
Du?“, fragt sie ihn.
„Lukas“, sagt er.
Das ist ein Jahr her.
Zuerst kommt der heiße Sommer.
Danach
der Herbst und viel Arbeit.
Dann der lange Winter.
Lukas
kann Probe-wohnen.
Er muss Sauber-machen.
Er lernt
Fenster-putzen.
Und Wäsche-waschen.
Lukas schafft
das.
Lukas zieht aufs Land.
In seine erste eigene
Wohnung.
Mama ist traurig und weint.
Weil Lukas Zuhause
aus-zieht.
Dann näht sie Vorhänge für die Fenster.
Und
Papa bring die Vorhänge an.
Selbst der Bruder hilft beim
Umzug.
Herr Berg auch.
Frau Berg bäckt einen Kuchen.
Lukas ist glücklich.
Er liebt Kati.
Und Kati liebt
ihn.
Sie wohnen im gleichen Haus.
Jeder für sich.
Oder
zusammen.
Wie die beiden Kätzchen.
Mal sind sie bei
Lukas.
Mal bei Kati.
Bald findet Lukas eine Postkarte in seinem Briefkasten.
Darauf
steht:
Für Lukas von Kati
Sie streiten manchmal.
Sie lachen oft.
Sie küssen sich zärtlich.
Das Glück ist groß
Die Liebe noch größer.
Es ist nicht einfach.
Es ist wunderbar.
Lukas und Kati –
Ein glückliches Paar.
Eine tolle Geschichte für jung und alt. Eine sehr gute Beobachter-in.
Bravo!